10 Buchstaben – 3 Zeichen

Illustratorin: Christina Zhu

Autor*in: Qian Wei

Mein Name war mir immer ein Dorn im Auge. (Wow, das ist ja ein positiver Einstieg!)
Es ist so nebensächlich für manche, und doch so fundamental für andere - der Name eines Menschen ist das erste, was man mit einer Person verbindet, das erste, woran man denkt. Ein riesen Chunk der Identität und doch geht das bei manchen zwischen Arztterminen und Kaffee bestellen am Tresen unter.

Für mich war das immer so eine Sache: Ich fand meinen Namen immer etwas störrisch, so platzeinnehmend, so laut - Die Melodie und der Klang waren anders, die Anordnung der Buchstaben komplett wirr. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meinen Eltern.

“Wieso habt ihr mich so genannt?”
“Wir fanden, dass es zu dir passt.”
Meine Mutter lachte. “Sonst hätte dich dein Vater Rosa genannt.”

Ok, Rosa wäre mir doch zu weiß gewesen. Mein Name hat sich für mich so angefühlt wie ein großer tonnenschwerer Elefant im Raum, immer da, und ich wusste auch nicht so richtig, wie ich die Sache angehen sollte. Wie stelle ich mich vor, ohne zu viel Raum einzunehmen, aber dennoch mir selbst nicht die Show zu stehlen? Wie mache ich es den Leuten nicht noch schwerer, diesen fürchterlich langen und weirden Namen auszusprechen und mich selbst nicht als Outsider zu zeigen? Wie kann ich dennoch ich selbst bleiben, ohne meinen Namen komplett zu demolieren? Alles Fragen, die in meinem Kopf seit Jahren umherwirbeln.

Mein Name schreit nur: “Seht her, ich bin anders!” - Die erste Assoziation mit mir ist und wird immer sein: Die hat nen anderen Namen, die ist anders.
Ich fragte zuletzt meine Mutter, was mein Name wirklich bedeutet.
“Dein Vorname bedeutet Schönheit und dein Name Lachen.”

Es ist und bleibt eine laaaange, lange Reise. Anzukommen in der Pluralität meiner Identität, dass es okay ist, nicht in die weiße Dominanzgesellschaft zu passen und es auch nicht zu müssen. Zurzeit weiß ich nur, dass ich endlich anfange meinen Namen zu akzeptieren, ihn nicht zu verstecken, sondern ihn anerkennend vor mir herzutragen.

Mein Name zeigt den Stolz, den meine Eltern hatten, als sie Nachwuchs bekamen und sich aktiv dafür entschieden, in einem westlichen Land ihr Kind mit einem chinesischen Namen zu ehren, weil sie es am passendsten fanden. Und ich bin heute heilfroh, dass sie es taten.

Mein Name wird immer ein Stückchen Heimat, Herkunft und Tradition mit sich tragen. Und das ist auch gut so.

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über das vergessen und erinnern